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Öffentlicher Nahverkehr wird elektrisch – und noch klimafreundlicher

Strom statt Sprit soll den Verkehr klimafreundlich machen. Alles elektrisch, alles gut? Ganz so einfach ist es leider nicht. Für das Klima macht es einen großen Unterschied, ob wir mit Bus, Bahn oder Auto elektrisch unterwegs sind. Warum?

E-Fahrzeuge sind so sauber wie der Strom, den sie laden, heißt es oft. Doch das stimmt nur halb. Aktuell stammt in Deutschland rund die Hälfte der elektrischen Energie aus erneuerbaren Quellen. Im windreichen Schleswig-Holstein wird sogar viel mehr Ökostrom produziert, als wir verbrauchen. Also freie Fahrt fürs Elektro-SUV?

Klimabilanz: Die Masse machts

Besser nicht. Denn bei E-Fahrzeugen hängt die Klimabilanz wesentlich von der Batterieproduktion ab. Das gilt für Autos wie für Bus und Bahn. Der entscheidende Unterschied: die Menge an Fahrzeugen. Nehmen wir das Beispiel Kiel: Dort fahren 215 Busse der Kieler Verkehrsgesellschaft (KVG), jeder vierte bereits elektrisch, – und 90.000 Autos mit KI-Kennzeichen.

 

E-Busse werden in Kiel über Stromabnehmer auf dem Dach geladen. In weniger als zehn Minuten ist der Akku voll – das reicht für rund 80 Kilometer.

 Jetzt wird gerechnet: Im langen Elektro-Gelenkbus wiegen die Batterien (168 Kilowattstunden) rund zwei Tonnen. Beim VW-Stromer ID.4 entfällt mehr als eine halbe Tonne auf den Akku (77 Kilowattstunden). Wenn die Kieler Autofahrer*innen auf Stromer von VW, Tesla und Co. umsteigen würden, müssten etwa 45.000 Tonnen Batterien energieintensiv produziert werden. Bei den großen E-Bussen wären es dagegen 430 Tonnen. Klingelt der Klimagroschen? Wenn die Autofans auf die Öffentlichen umsteigen – klar, dann braucht es auch mehr Busse und Bahnen. Ebenso klar ist: Das Klima retten wir mit dem öffentlichen Nahverkehr und nicht mit E-Autos.

Auf dem Weg zum grünen ÖPNV

Die Herstellung batterieelektrischer Stadtbusse belastet das Klima zunächst stärker als bei einem Diesel. Auf den ganzen Lebenszyklus bezogen sind es beim E-Bus jedoch rund 80 Prozent weniger Treibhausgasemissionen. Das gilt bereits beim aktuellen Strommix. Bei 100 Prozent Ökostrom ist der Nachteil noch schneller aufgeholt. Pro Jahr vermeidet der emissionsfreie KVG-Bus gegenüber einem Verbrenner rund 85 Tonnen CO2. Deshalb soll spätestens 2032 die ganze Flotte mit Strom fahren.

Auch auf der Schiene tut sich was im echten Norden. Bereits 2024 werden 55 emissionsarme Elektrozüge die bisherigen Dieselzüge ersetzen. Bis 2030 soll in Schleswig-Holstein der gesamte Nahverkehr auf der Schiene elektrifiziert sein. Einige Züge sind bereits mit Ökostrom unterwegs. Bald werden Bus und Bahn also noch klimafreundlicher, als sie es sowieso schon sind.